Seit Anfang des Jahres 2018 ist der Pflegeregress in Österreich Geschichte.
Ein neues Verfassungsgesetz hat den Ländern und damit dem Staat den Zugriff auf das Privatvermögen untersagt. Doch was genau steckt hinter dem Pflegeregress? Was bedeutet das Aus für die Betroffenen und auf welche Änderungen muss man sich nun einstellen? Der folgende Artikel hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt.
Wichtig: Änderungen beim Pflegeregress beachten!
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Pflegeregress – was ist das?
Der Pflegeregress war ein Gesetz, welches es dem Staat – im Einzelnen den Bundesländern – erlaubt, auf das Privatvermögen von Pflegebedürftigen und deren Angehörige zuzugreifen, um die Kosten für die Pflege zu decken.
Ausnahmen hierzu gab es nur in wenigen Fällen, etwa wenn der Lebensunterhalt der Angehörigen in Gefahr war. Betroffen waren Pflegebedürftige, die in staatlichen Einrichtungen untergebracht waren und deren Angehörige.
Außerdem wurden die Pension als auch das Pflegegeld der zu pflegenden Personen einbehalten. Ziel war es so die Ausgaben oder zumindest einen Teil der Pflegekosten ersetzt zu bekommen. Der Pflegeregress bedeutete also unter Umständen eine hohe zusätzliche finanzielle Belastung und massive Mehrkosten.
Ob und wann der Staat von dem Pflegeregress Gebrauch machte und inwieweit er auf das Privatvermögen von Betroffenen zugegriffen hat, lag in seinem eigenen Ermessen. Seit Anfang des Jahres 2018 ist der Pflegeregress nun abgeschafft.
Wer ist von Pflegeregress betroffen?
Betroffen vom Pflegeregress waren Pflegebedürftige, die in öffentlichen Einrichtungen untergebracht sind. Durch den Pflegeregress war es den Ländern möglich, die Kosten für die Pflege erstattet zu bekommen.
Reichte das eigene Vermögen der pflegebedürftigen Person nicht aus, dann konnten auch deren Angehörige, wie etwa der Ehepartner herangezogen werden. Der Pflegeregress konnte also für die ganze Familie – mit Ausnahme der Kinder – eine enorme finanzielle Belastung darstellen.
Welche Folgen hat die Abschaffung des Pflegeregresses?
Die Abschaffung vom Pflegeregress hat für den Staat zur Folge, dass er nicht mehr auf das private Vermögen von Pflegebedürftigen und deren Angehörige zugreifen kann. Auf die Länder kommen in der Pflege nun also Mehrausgaben zu, da sie die Kosten selbst übernehmen müssen.
Darüber hinaus wird der Wegfall des Pflegeregresses wohl dazu führen, dass die Pflege nun für viele Familien lukrativer wird. Der Bedarf an Pflegeheimen und Pflegefachkräften wird ansteigen. Der Staat und die Länder werden also vermutlich in naher Zukunft mehr Altenbetreuung und mehr Personal anbieten müssen, um den Bedarf zu decken.
Auf welche Einnahmen kann sich das Staat nun berufen?
Mit der Abschaffung des Pflegeregresses kann sich der Staat nicht mehr auf das Einkommen und Ersparte sowie auf das Privatvermögen von Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen berufen. Das bedeutet aber nicht, dass Diese nun nicht mehr zur Kasse gebeten werden. Im Gegenteil: Auf laufende Einnahmen und Leistungen der Betroffenen sowie deren nächsten Angehörigen haben die Länder auch weiterhin Zugriff, um die Kosten zu decken.
Was wird sich nun ändern?
Zunächst einmal kommen auf den Staat rund 400 Millionen Euro an Mehrkosten zu, die durch den Wegfall des Pflegeregresses aufgebracht werden müssen. Wer für diese Kosten aufkommt, das ist noch nicht völlig geklärt. Die Länder sehen den Staat in der Pflicht und fordern das Dieser die gesamten Kosten übernimmt.
Für die Angehörigen und die Pflegebedürftigen selbst, bedeutet der Wegfall des Pflegeregresses eine enorme finanzielle Entlastung. Die Pflege wird nun auch in staatlichen Einrichtungen deutlich erschwinglicher und einfacher zu finanzieren.
Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass mehr Menschen von dem staatlichen Pflegeangebot Gebrauch machen werden. Es wird also in Zukunft vermutlich deutlich schwieriger werden, einen Platz in einem Pflegeheim zu bekommen. Der Staat wird auch hier vorsorgen müssen, indem er neue Einrichtungen eröffnet und mehr Personal einstellt.
Die Meinung der Menschen
Es gibt bekanntlich keinen Nachteil ohne Vorteil. Die Länder sind – ganz offensichtlich – wenig begeistert von der Änderung, da auf sie mehr Aufwand und höhere Kosten zukommen. Die Menschen hingegen sind mit dem Wegfall des Pflegeregresses zufrieden.
Er war für viele Betroffene unfair und führte zudem zu hohen finanziellen Belastungen und Verpflichtungen. Ein Problem war darüber hinaus auch, dass der Pflegeregress Sache der einzelnen Länder ist. Das führte mitunter zu großen Unterschieden bei der Berechnung, da manche Bundesländer weniger von dem Pflegeregress Gebrauch machten als andere. Hinzu kamen oft unterschiedliche Beträge, die berechnet bzw abgezogen wurden.
Ist die Abschaffung des Pflegeregresses sinnvoll?
Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten. Die Meinungen hier sind geteilt. Die Länder sind offensichtlich für das umstrittene Gesetz, während ein großer Teil der Öffentlichkeit den Wegfall des Pflegeregresses begrüßt. Wie so oft, gibt es aber auch hier nichts geschenkt. Es bleibt eine Tatsache, dass durch den Wegfall der Einnahmen aus dem Pflegeregress andere Finanzierungsmöglichkeiten gesucht werden müssen.
Die Folge wird vermutlich eine Anhebung der Steuern sein, oder die Kosten werden etwa durch höhere Beiträge der Sozialversicherungen gedeckt. Sicher ist jedoch eins: Die Mehrkosten müssen von irgendwem getragen werden und auf die ein oder andere Art und Weise werden die Mehrausgaben wieder auf die Menschen umgelegt werden. Ob das neue System dann fair oder besser ist, wird sich zeigen.
Hinzu kommt, dass nun durch den Wegfall des Pflegeregresses die Zahl der Pflegeplätze zunehmen wird, da sich mehr Menschen einen Platz in den öffentlichen Einrichtungen leisten können bzw. diesen aufgrund des geringeren finanziellen Risikos beantragen werden. Es dürfte also in naher Zukunft deutlich schwieriger werden und länger dauern, einen geeigneten Pflegeplatz zu finden.
Rückgang in der Billig-Pflege
Ein weiterer Effekt der Abschaffung des Pflegeregresses wird der Rückgang in der Billig-Pflege sein. Derzeit ist es in Österreich nämlich so, dass die Pflege von Bedürftigen häufig zu Hause stattfindet. Für die Betreuung werden Billigkräfte, die überwiegend aus dem Osten der EU stammen eingestellt.
Auf diese Weise entgehen die Familien den Kosten der staatlichen Pflege und dem Pflegeregress. Ein Heimplatz wird nur dann beantragt, wenn es wirklich keine andere Alternative mehr gibt oder wenn es sich um eine Familie bzw. um Angehörige handelt, die die Kosten ohne größere Mühe aufbringen können.
Mit dem Ende des Pflegeregresses wird sich das ändern. Mehr Menschen werden es bevorzugen, ihre Angehörigen in einem Pflegeheim betreuen zu lassen. Die Betreuung ist dort nicht nur rund um die Uhr möglich, sondern die Angehörigen haben auch ihr zu Hause für sich allein und dadurch mehr Privatsphäre und weniger Stress. Für die günstigen Pflegekräfte bedeutet dieser Wandel nun jedoch unter Umständen Arbeitslosigkeit und Rückkehr in die Heimat.
Fazit und Zusammenfassung
Das Ende vom Pflegeregress wurde in Österreich von vielen Menschen sowohl in der Politik als auch von Betroffenen selbst gefordert. Die Regelung, welches es dem Staat erlaubte, auf das Ersparte und das Privatvermögen von Pflegebedürftigen und deren Angehörige zuzugreifen wurde von vielen Menschen als unfair betrachtet.
Nun ist es soweit. Seit Anfang 2018 wurde der Pflegeregress abgeschafft. Damit kommen nun jedoch enorme Mehrkosten auf die Länder zu. Außerdem wird es in Zukunft einen deutlich höheren Bedarf and Pflegeeinrichtungen und Pflegekräften geben. Hingegen wird erwartet, dass die häusliche Pflege in der Zukunft nun zurückgehen wird, da diese Menschen künftig in einem Pflegeheim untergebracht werden sollen.