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Insolvenz in Österreich: Verfahren für Unternehmen und Privatpersonen

Tritt die Zahlungsunfähigkeit ein, bleibt nur noch der Weg in die Insolvenz. In Österreich gibt es sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen zwei unterschiedliche Insolvenzarten. Neben dem in der Ausgleichsordnung verankerten Ausgleichsverfahren muss das nach der Konkursordnung geltende Konkursverfahren genannt werden. Aber wie unterscheiden sich die beiden, wie genau laufen sie ab und was passiert eigentlich bei einer Insolvenz? Diese und weitere Fragen beantwortet dieser umfassende Ratgeber.

Wenn Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllt werden können

Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, warum Unternehmen oder auch Privatpersonen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Besteht auch nicht die Aussicht darauf, dass offene Forderungen in Kürze beglichen werden, bleibt meistens nur das Insolvenzverfahren. Der Weg in die Insolvenz folgt immer dann, wenn Schuldner Rechnungen und andere Verbindlichkeiten nicht mehr ausgleichen können. Es liegt also eine akute Zahlungsunfähigkeit vor.

Eine Insolvenz kann aber auch dann eingeleitet werden, wenn die Zahlungsunfähigkeit zunächst lediglich bevorsteht. Hier erfolgt eine umfassende Prüfung, wobei in der Regel zwar die akute Zahlungsunfähigkeit festgestellt wird. Hier wird auf die Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Experten vertraut, der eine Prüfung der möglichen Zahlungsunfähigkeit vornimmt.

Welches Ziel hat ein Insolvenzverfahren?

Ein Insolvenzverfahren verfolgt im Grunde ein wesentliches Ziel: Das noch vorhandene Vermögen beziehungsweise zu erwartende Geldeingänge sollen gleichmäßig auf die Gläubiger aufgeteilt werden. Dadurch soll es möglich sein, Verluste zu reduzieren und Gläubiger transparent und fair zu bedienen. Ein Insolvenzverfahren ist aber nie ein Garant dafür, dass alle Forderungen von Gläubigern auch tatsächlich erfüllt werden.

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Bei Unternehmensinsolvenzen wird noch ein weiteres Ziel verfolgt. So soll verhindert werden, dass Unternehmen, die eigentlich sanierungsfähig sind, zerschlagen werden. Um dies zu ermöglichen, gibt es in Österreich das sogenannte Zwangsausgleichsverfahren. Doch was ist das? Bei dem Zwangsausgleichsverfahren wird eine Restschuldbefreiung angestrebt. Diese erfolgt immer dann, wenn innerhalb von zwei Jahren Schuldner von ihrer gesamten Schuldensumme wenigstens zehn Prozent begleichen konnten.

Welche Besonderheiten gibt es im Insolvenzverfahren bei Privatpersonen?

Nicht nur für Unternehmen greifen in Österreich mitunter im Rahmen des Insolvenzverfahrens spezielle Regelungen, sondern auch bei natürlichen Personen. Auch hier gibt es die Chance auf eine Restschuldbefreiung. Das Konkursverfahren mündet an dieser Stelle in ein Schuldenregulierungsverfahren. Damit soll Menschen eine zweite Chance eingeräumt werden, obwohl diese sich eigentlich in wirtschaftlicher Sicht in einer ausweglosen Situation befinden.

Eröffnung eines Insolvenzverfahrens: diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gelten teils unterschiedliche Anforderungen. Entscheidend ist hier nämlich, ob ein Ausgleichsverfahren oder ein Konkursverfahren eröffnet wird.

Ein Ausgleichsverfahren kann generell nur dann beantragt werden, wenn es um eine drohende Zahlungsunfähigkeit geht oder eine Konkurseröffnung möglich ist. Ein Konkursverfahren wird immer dann eröffnet, wenn der Schuldner bereits die Zahlungsunfähigkeit erreicht hat. Dies kann übrigens auch dann der Fall sein, wenn durch den Schuldner einzelne Gläubiger noch bedient werden können.

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Das Besondere ist dabei, dass ein Antrag auf ein Konkursverfahren in Österreich eben nicht nur durch den Schuldner selbst gestellt werden kann, sondern auch durch einen der Gläubiger. Wichtig ist dabei, dass noch so viel Vermögen vorhanden ist, dass der Schuldner die Verfahrenskosten tragen kann. Daher sollte in jedem Fall nicht zu lange mit Antrag und Eröffnung gewartet werden.

Das Konkursverfahren befreit den Schuldner von der persönlichen Haftung. In diesem Fall müssen Unternehmer, deren Betrieb Konkurs anmelden muss, also nicht mit ihrem persönlichen Vermögen haften. Dies gilt aber nur dann, wenn der Antrag für das Insolvenzverfahren innerhalb von 60 Tagen erfolgt.

Wo wird das Insolvenzverfahren beantragt?

Der Antrag auf ein Insolvenzverfahren eines Unternehmens wird immer bei dem Landesgericht eingereicht. Zuständig ist an dieser Stelle das Landesgericht dessen Bezirks, in dem sich der wirtschaftliche Mittelpunkt des Schuldners befindet.

Privatpersonen müssen sich stattdessen an das Bezirksgericht wenden. Auch hier ist entscheidend, wo der Schuldner seinen eigentlichen Wohnsitz hat.

So läuft das Insolvenzverfahren in Österreich ab

Der Ablauf der Insolvenzverfahren ist in Österreich natürlich standardisiert. Zunächst muss bei dem zuständigen Gericht der Antrag gestellt werden. Das Gericht entscheidet dann über den Antrag, prüft vorher aber auch mögliche Alternativen.

Stimmt das Gericht dem Antrag zu, bekommt das Unternehmen oder die Privatperson einen Masseverwalter. Bei Konkursverfahren natürlicher Personen ist es möglich, dass auf den Masseverwalter verzichtet wird. Doch auch in diesem Fall erhält der Schuldner umfassende Unterstützung. Das Konkursgericht nimmt dann alle Aufgaben wahr, die eigentlich dem Masseverwalter unterliegen.

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Der Masseverwalter ist für folgende Aufgaben zuständig:

  • Prüfung der wirtschaftlichen Lage
  • Aufführung aller Schulden und Vermögenswerte, die Berücksichtigung finden können
  • Prüfung einer Unternehmensfortführung
  • Kontrolle eines möglichen Zwangsausgleichs
  • Verwaltung der gesamten Konkursmasse
  • Ausübung des Anfechtungsrechts
  • Verteilung des Masseerlöses
  • Aufhebung des Verfahrens

Was ist ein Ausgleichsverfahren?

Das Ausgleichsverfahren ist die Alternative zum Konkursverfahren. Hierfür werden zahlreiche Unterlagen bei der Beantragung benötigt. Dieses kann generell bei Zahlungsunfähigkeit, drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung beantragt werden. Eine Eröffnung des Ausgleichsverfahrens erfolgt aber nur, wenn der Gläubiger versichert, dass er in den kommenden zwei Jahren dazu in der Lage ist, 40 Prozent der Forderungen der Gläubiger auch wirklich zu erfüllen. Unternehmen und Privatpersonen werden dabei gleichermaßen durch den Ausgleichsverwalter überwacht. Nur mit seiner Zustimmung sind im Rahmen des Ausgleichsverfahrens neue Rechtsgeschäfte möglich.

Quellen:

  • https://www.anwaltfinden.at/ratgeber/insolvenzrecht/insolvenzverfahren/
  • https://www.wko.at/insolvenzrecht/schnelluebersicht-insolvenzverfahren
  • https://www.usp.gv.at/themen/veraenderung-aufloesung/insolvenz/ablauf-insolvenzverfahren.html
  • https://www.schuldnerberatung.de/insolvenz-oesterreich/

 

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