Die 10 häufigsten Fehler beim Erhalt eines Inkassoschreibens
Inkassounternehmen, Geldeintreiber, Mahnbescheid. Bei diesen Worten gehen bei den meisten Menschen die Alarmglocken an. Jedes Kind weiß, dass ein Inkassoschreiben nichts Gutes ist. Doch was ist eigentlich zu tun, wenn man eines erhält? Und was sind die größten Fehler, die man gegenüber Geldeintreibern begehen kann?
Fehler Nummer 1: Überprüfung des Streitgegenstandes.
Beim Erhalt eines Inkassoschreibens müssen Sie zunächst zwischen einer unberechtigten oder einer berechtigten Forderung unterscheiden. Laut Verbraucherzentrale fußen beinahe die Hälfte aller Inkassoschreiben nicht auf einer rechtlichen Grundlage und sind damit unberechtigt. Ist der Streitgegenstand hingegen korrekt und der aufgeführte Punkt ist tatsächlich von Ihnen zu verantworten, so sollten Sie nicht über den nächsten Fehler stolpern.
Fehler Nummer 2: Wer ist Inhaber der Forderung und damit auch der Ansprechpartner für Verhandlungen?
Für Gläubiger, die gegen Sie eine berechtigte Forderung geltend machen wollen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. So kann beispielsweise ein Inkassounternehmen als Erfüllungsgehilfe des Gläubigers beauftragt werden.
In diesem Fall bleibt der Gläubiger weiterhin Inhaber der Forderung. Wird hingegen die Forderung verkauft, bzw. abgetreten, so geht die Forderung auf das Inkassounternehmen über und der ursprüngliche Gläubiger hat gegen Sie keinen Anspruch mehr. Gleichzeitig können Sie mit ihm nicht mehr über die Forderung verhandeln. Ist aber die Forderung nicht abgetreten und der Gläubiger immer noch Ihr Ansprechpartner, so begehen Sie nicht den nächsten Fehler.
Fehler Nummer 3: Prüfung einer gütlichen Einigung.
Inkassounternehmen verursachen Kosten. Allein der erste Brief, den Sie von einem Geldeintreiber erhalten, kostet ein Vielfaches von dem, was man von einem einfachen Brief erwarten mag. Oft wissen Gläubiger, dass die Wahrscheinlichkeit, überhaupt einen Teil der Forderung zu erhalten, mit jeder weiteren Gebühr sinkt. Deshalb lohnt es sich, das Gespräch mit dem Gläubiger zu suchen und ihm ein Angebot zu unterbreiten.
Die Höhe des Angebots sollte nach Art und Dringlichkeit der Forderung angemessen sein. Zu niedrige Angebote können das Gegenüber verstimmen. Bleiben Sie deshalb bei Ihrem Angebot fair. Verwehrt Ihnen der Gläubiger eine Verhandlung zur Einsparung unnötiger Kosten oder ist wie oben erwähnt die Forderung an das Inkassounternehmen verkauft worden, so beachten Sie in jedem Fall den nächsten Fehler.
Fehler Nummer 4: Ratenzahlung ist keine Pflicht für den Geldeintreiber.
Wenn eine Zahlung offen ist und rechtlich zur Zahlung steht, dann ist sie stets in einer Summe zu zahlen.
Ratenzahlungen erfolgen deshalb immer aus Kulanz. Ist es Ihnen nicht möglich die Summe auf einmal zu bezahlen, so bietet es sich dennoch an, eine ratierliche Zahlung vorzuschlagen. Es gilt jedoch zu bedenken, dass der Geldeintreiber berechtigt ist, eine Gebühr auf die Ratenzahlung zu erheben, um den höheren Verwaltungsaufwand und den Zinsverlust durch die Laufzeit auszugleichen. Á propos Gebühr: Hier lauert einer der häufigsten und gleichzeitig vermeidbarsten Fehler.
Fehler Nummer 5: Die Gebühren sind zu hoch berechnet.
Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Gebühren, die ein Inkassounternehmen für seine Beauftragung geltend macht, angemessen und nicht übertrieben sein dürfen. Je nach Höhe können die Gebühren bis zu 3% zuzüglich Zinsen betragen.
Liegen die Gebühren jedoch deutlich über diesem Bereich, so sind sie nicht angemessen und damit müssen Sie diese nicht vollständig bezahlen. In diesem Fall gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie klagen gegen die zu hohen Gebühren vor Gericht oder Sie setzen eine sogenannte Tilgungsbestimmung auf, in der Sie dem Inkassounternehmen mitteilen, dass Sie bereit sind, angemessene Gebühren sowie die Hauptforderung zu bezahlen.
Erfahrungsgemäß wissen Inkassounternehmen mit zu hohen Gebühren, dass sie unrechtlich agieren und im Falle eines Gerichtsverfahrens verlieren würden. Unabhängig von der Höhe der Gebühren, sollten Sie in jedem Fall auf ein Inkassoschreiben reagieren. Tun Sie dies nicht, so droht der nächste Fehler.
Fehler Nummer 6: Ein vollstreckbarer Titel gilt 30 Jahre lang.
Bleibt der Brief eines Inkassounternehmens unbeantwortet, so macht der Geldeintreiber in der Regel eine Scoring-Anfrage bei der Schufa, Crifbürgel oder anderen Bonitätsaufkunfteien. In diesen Auskunfteien sind zu jedem Bürger Werte gespeichert, die sich aus seinem Zahlungsverhalten und einer Vielzahl anderer Kriterien ableiten.
Die Algorithmen dieser Unternehmen sind zwar unbekannt, dennoch dürfte sich eine solche Scoring-Anfrage bereits negativ auf den Wert auswirken.
Das Inkassounternehmen macht diese Anfrage, um herauszufinden, wie groß die Erfolgsaussichten einer Geldeintreibung sind. Je höher der Score, desto besser die Aussichten. Bleibt die Post des Inkassounternehmens vom Schuldner weiterhin unbeantwortet, so wird beim zuständigen Amtsgericht ein Mahnbescheid erstellt.
Ab diesem Punkt entscheidet das Gericht über die Forderung und sollte kein Widerspruch vom Schuldner eingelegt werden oder wird er sogar im Zuge des Verfahrens schuldig gesprochen, so erhält das Inkassounternehmen einen vollstreckbaren Titel, der 30 Jahre lang Gültigkeit hat. Damit ist es berechtigt, das Gehalt, Spareinlagen und eine etwaige Mietkaution zu pfänden. Ist in Ihrem Fall die Forderung jedoch unberechtigt, sollten Sie es in keinem Fall so weit kommen lassen und deshalb folgenden Fehler vermeiden.
Fehler Nummer 7: Widerspruch gegen unberechtigte Forderungen
Sollten Sie ein Inkassoschreiben mit einer unberechtigten Forderung erhalten, so solltes Sie es trotz seiner vermeintlichen Irrelevanz nicht ignorieren.
Legen Sie schriftlichen Widerspruch gegen die Forderung ein und verlangen Sie einen Nachweis über die Entstehung des Streitwertes. Außerdem sollten Sie den Fall dem Verbraucherschutz und gegebenenfalls der Polizei melden.
Wenn das Inkassounternehmen nicht auf Ihre Korrespondenz reagiert und stattdessen einen Mahnbescheid gegen Sie ergehen lässt, dann ist es ratsam, diesem innerhalb von 14 Tagen zu widersprechen. Ein Vordruck dafür liegt jedem Mahnbescheid bereits bei. Sobald der Fall dann von einem Gericht geprüft wird, teilen Sie diesem mit, dass der Forderung die rechtliche Grundlage fehlt und reichen zusätzlich die bereits geführte Korrespondenz mit dem Geldeintreiber ein. Beachten Sie unbedingt, dass Sie in jedem Fall schuldig gesprochen werden und die Forderung begleichen müssen, wenn Sie die 14-tägige Widerspruchsfrist verpassen.
Reagieren Sie deshalb zügig. Sie können den Widerspruch auch vorab per Fax oder Email an das Gericht senden oder persönlich bei Ihrer Außenstelle abgeben, um die Frist in dringlichen Fällen zu wahren. Genauso wichtig wie schnelles Handeln ist die Tatsache, dass Sie sich nicht in Angst versetzen lassen dürfen. Denn wenn Ihnen ein Inkassoschreiben Angst bereitet, könnten Sie unter Umständen den nächsten Fehler begehen.
Fehler Nummer 8: Unredliche Methoden schwarzer Schafe.
Wenn ein Inkassounternehmen eine unberechtigte Forderung gegen Sie stellt, dann weiß das Unternehmen in der Regel auch, dass diese unberechtigt ist. Ausnahmen sind Erfüllungsgehilfen, die auf Grundlage mangelnder Informationen gegen Sie tätig werden. Doch in den meisten Fällen handelt es sich um schwarze Schafe, die Ihren Geldbeutel ohne Gegenleistung erleichtern möchten.
Die unredlichen Unternehmen erkennen Sie daran, dass sie in ihren Schreiben einen sehr harschen, fordernden, fast schon umgangssprachlichen Ton an den Tag legen. Bereits im Erstkontakt werden Wörter wie eidesstattliche Versicherung, Erzwingungshaft, Schufa-Eintrag oder Pfändung genannt.
Auch mit der Eintragung ins Schuldnerregister wird immer wieder gedroht. Als Faustregel lässt sich merken, je böser der Ton des Schreibens, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Forderung nicht echt ist und hier ein illegales Inkassoschreiben vorliegt.
Die Erfahrung hat leider gezeigt, dass die Methode dennoch funktioniert. Gerade Personen mit wenig Erfahrungen in Finanzangelegenheiten begehen nur zu oft den Fehler, unberechtigte Forderungen aus Angst zu bezahlen. Lassen Sie sich deshalb nicht von plumper Sprache verunsichern und erst recht nicht provozieren. Denn sonst lauert der nächste Fehler.
Fehler Nummer 9: Kommunikation entscheidet.
Bei einer unberechtigten Forderung, die mit allerlei blumiger Sprache untermauert ist, ist die Versuchung groß, mit ebenfalls blumiger Sprache zu antworten. Dieses Verhalten ist jedoch wenig zielführend und lässt in einem etwaigen Gerichtsverfahren Ihre Glaubwürdigkeit sinken.
Bleiben Sie in Ihrer Wortwahl deshalb immer höflich und sachlich. Sie sollen unberechtigten Forderungen natürlich nicht recht geben, sie aber sachlich und zielführend beantworten. Wenn Sie in Diskussionen sachlich bleiben, haben Sie immer die Oberhand. Denn dann begehen Sie auch nicht den letzten Fehler.
Fehler Nummer 10: Objektivität ist das Wichtigste.
Wenn Sie gegen ein Inkassoschreiben vorgehen, entweder weil es sich um eine unberechtigte Forderung handelt oder wenn die Forderung berechtigt ist, Sie aber mit der Höhe der Gebühren oder ähnlichem nicht einverstanden sind, ist Objektivität das höchste Gebot. Führen Sie über alles Nachweise, machen Sie sich von jedem Schreiben eine Kopie. Senden Sie wichtige Briefe per Einschreiben und machen Sie die Situation Ihrem Gegenüber immer logisch und nachvollziehbar klar.
Im schlimmsten Fall führt ein Inkassoschreiben zu einem Mahnbescheid, dem Sie widersprechen und der dann vom Gericht ausverhandelt wird. In dieser Situation gewinnt nicht unbedingt derjenige, der im Recht ist, sondern derjenige, der seinen Standpunkt am plausibelsten und objektiv veranschaulichen kann.
Wenn Sie also auch bei den wüstesten Inkassoschreiben Ruhe bewahren und die Checkliste, die Sie gerade gelesen haben, Schritt für Schritt durchgehen, sind Sie auf der juristisch sicheren Seite.
- https://www.test.de/Inkasso-Wie-Sie-auf-Post-von-Geldeintreibern-reagieren-sollten-4927283-0/
- https://www.focus.de/finanzen/recht/die-verbraucherzentrale-bayern-gibt-antworten-muss-man-inkasso-forderungen-immer-bezahlen_id_4480459.html
- https://www.focus.de/finanzen/experten/thomas_hollweck/zweifelhafte-abmahnungen-so-wehren-sie-sich-gegen-inkassounternehmen_id_4563953.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Inkassounternehmen_(Deutschland)