Welche Änderungen bringt die Steuerreform 2020 in Österreich?
Am 19. September 2019 hat der Nationalrat das Steuerreformgesetz 2020 und weitere Steuergesetze beschlossen. Bundesrat und Bundestag haben die erforderlichen Genehmigungen erteilt.
Die Steuerreform tritt zum 01. Januar 2020 in Kraft. Für Steuerpflichtige ist sie mit Entlastungen und Erhöhungen verbunden.
1. Steueränderungen, die sich auf Dienstnehmer und Pensionisten auswirken
Dienstnehmer und Pensionisten profitieren ab dem kommenden Jahr von den folgenden Entlastungen:
Bonus zur Sozialversicherung
- Mit dem neuen Jahr wird ein Sozialversicherungsbonus eingeführt, der die Krankenversicherungsbeiträge für geringere Einkommen senken soll. Neben den Dienstnehmern profitieren hiervon Pensionisten, Selbständige und Land- und Forstwirte.
Verkehrsabsetzbetrag
Bei dem Verkehrsabsetzbetrag handelt es sich um einen Steuerabsetzbetrag, der die Höhe der zu zahlenden Einkommensteuer kürzt. Wird der Verkehrsabsetzbetrag angesetzt, werden die Kosten für die Fahrten zwischen der eigenen Wohnung und der Arbeitsstätte mit einem Pauschalbetrag abgegolten. Der Verkehrsabsetzbetrag wird bei der Erstellung der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung automatisch vom Arbeitgeber berücksichtigt.
- Bis zum Steuerjahr 2019 betrug der Verkehrsabsetzbetrag 400 Euro jährlich. Mit der Steuerreform 2020 erhöht sich der Betrag um 300 Euro.
- Voraussetzung ist, dass das Einkommen des Dienstnehmers nicht über 15.500 Euro liegt. Verdient der Dienstnehmer mehr als 15.500 Euro und weniger als 21.500 Euro schleift der Verkehrsabsetzbetrag sich auf 0,00 Euro ein.
Absetzbetrag für Pensionisten
Von dem Pensionistenabsetzbetrag profitiert jeder Pensionist, der in Österreich lebt und dessen jährliche steuerrelevanten Einkünfte nicht über 25.000 Euro liegen. Der Pensionistenabsetzbetrag betrug bisher – ebenso wie der Verkehrsabsetzbetrag 400 Euro im Jahr. Die Berücksichtigung erfolgt automatisch bei der Berechnung der Pension. Der Pensionist muss hierfür keinen eigenen Antrag stellen.
Ab dem kommenden Jahr bekommen die Pensionisten, die Anspruch auf den Abzugsbetrag haben, 200 Euro mehr.
2. Steueränderungen, die sich auf Unternehmen auswirken
Für Unternehmer wirken sich die Bestimmungen des Steuerreformgesetzes wie folgt aus:
Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter
Investiert ein Unternehmen in ein Anlagegut, muss die Anschaffung in der Bilanz und in der Steuerrechnung des Unternehmens dokumentiert werden. Die Anschaffungskosten sind über die Laufzeit der betrieblichen Nutzung abzuschreiben. Dies gilt nicht zwangsweise für geringwertige Wirtschaftsgüter. Beträgt der Nettopreis für das Wirtschaftsgut nicht mehr als 400 Euro, hat der Unternehmer die Möglichkeit der Sofortabschreibung.
- Mit der Neuregelung ab dem Jahr 2020 wird die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von 400 Euro auf 800 Euro angehoben.
Anhebung der Grenze für Kleinunternehmer
Wer steuerlich als Kleinunternehmer behandelt wird, hat in Österreich ein Unternehmen, das einen Jahresumsatz von maximal 30.000 Euro jährlich erzielt. Gegen die Kleinunternehmerregelung spricht es nicht, wenn die Umsatzgrenze alle fünf Jahre um 15% überschritten wird.
Kleinunternehmer sind von der Erhebung der Umsatzsteuer befreit. Dies bedeutet, dass ein Kleinunternehmer auf seine Verkaufspreise keine Umsatzsteuer aufschlagen darf. Die ihm in einer Eingangsrechnung ausgewiesene Umsatzsteuer darf er nicht als Vorsteuer abziehen.
- Mit dem Steuerreformgesetz wird die Umsatzgrenze eines Kleinunternehmers von 30.000 Euro auf 35.000 Euro angehoben.
Pauschale für Betriebsausgaben
Zudem wird einem Kleinunternehmer ab dem nächsten Jahr die Möglichkeit geboten, eine Pauschalierung in der Einkommensteuer zu beantragen. Die Voraussetzungen hierfür sind:
- Die Einkünfte müssen aus selbständiger Arbeit oder aus einer gewerblichen Tätigkeit erzielt werden.
- Für die Gewinnermittlung wird eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung vorgelegt.
- Die Umsatzgrenze darf 35.000 Euro nicht übersteigen.
Die Pauschalierung erfolgt auf Antrag des Kleinunternehmers. Ausgenommen hiervon sind Gesellschafter-Geschäftsführer, Aufsichtsräte und Stiftungsvorstände.
Die Pauschalierung der Betriebsausgaben richtet sich nach dem Wirtschaftszweig:
Bei Handelsunternehmen und Produktionsbetrieben werden 45% der Betriebseinnahmen pauschal als Betriebsausgaben angesehen. Handelt es sich um ein Dienstleistungsunternehmen, können 20% der Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.
Eine Sonderregelung der Pauschalierung gilt für Mitunternehmerschaften. Diese können ihre Betriebsausgaben nur pauschalieren, wenn die Pauschalierung von keinem anderen Unternehmer in Anspruch genommen wurde.
Vorsteuerabzug für E-Bikes und Fahrräder
Für E-Bikes und Fahrräder, die aus betrieblichen Anlässen angeschafft werden, können die Unternehmer ab dem kommenden Jahr die Vorsteuer geltend machen.
Neue Regelung zur innergemeinschaftlichen Lieferung
Die Vorschriften einer innergemeinschaftlichen Lieferung kommen dann zur Anwendung, wenn ein österreichischer Unternehmer seine Waren in das europäische Ausland liefert. Der Abnehmer muss ein Unternehmer sein und den Gegenstand für sein Unternehmen nicht nur vorübergehend verwenden. In diesem Fall ist die innergemeinschaftliche Lieferung für den österreichischen Unternehmer steuerfrei.
- Neben den bisherigen Voraussetzungen ist es ab dem kommenden Jahr Pflicht, dass auch die UID-Nummer des Abnehmers dokumentiert und die Lieferung in die Zusammenfassende Meldung aufgenommen wird.
Konsignationslager in allen Staaten der EU
Als Konsignationslager werden die Stellen in den europäischen Mitgliedstaaten bezeichnet, an die ein inländischer Unternehmer steuerfrei liefern kann. Ab dem 01.01.2020 wird diese Regelung in allen Staaten der EU eingeführt.
Online Werbeabgabe (Digitalsteuer)
Das bundeseinheitlich geltende Werbegesetz besteht in Österreich seit dem 01. Juni 2000. Dieser Werbeabgabe unterliegen Werbeleistungen, die gegen Entgelt im Inland erbracht werden, soweit sie in den Printmedien, im Fernsehen und im Hörfunk veröffentlicht werden.
- Mit dem Steuerreformgesetz wird die Werbeabgabe auf Werbeleistungen im Internet ausgeweitet. Die Online Werbeabgabe beträgt fünf Prozent auf alle Online-Werbeeinnahmen. Der österreichische Staat rechnet im Schnitt mit Einnahmen in Höhe von 30 Millionen Euro jährlich.
- Von der Einführung der Digitalsteuer ist ein Unternehmen betroffen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehören ein weltweiter Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro und ein inländischer Jahresumsatz von mindestens 25 Millionen Euro.
Umgründungen
Neue Regelungen gelten ab dem kommenden Jahr auch für Unternehmen, die umgegründet werden.
Im Einkommensteuergesetz wurde eine Zuschreibungspflicht bei Umgründungen mit steuerlicher Buchwertfortführung aufgenommen. Sind die Anschaffungskosten für die Anlagegüter niedriger als die Anschaffungskosten vor der Umgründung, müssen sie auf die ursprünglichen Anschaffungskosten zugeschrieben werden.
Für natürliche Personen wird ein steuerneutraler Anteilstausch eingeführt, wenn die übernehmende Körperschaft ihren Sitz in der EU hat.
3. Weitere Änderungen im Einkommensteuerrecht
Mit der Steuerreform sind noch weitere Änderungen im Einkommensteuergesetz verbunden. Im Einzelnen gilt ab dem nächsten Jahr das folgende:
Für Steuer-Ausländer besteht Pflicht zur Veranlagung
Wer nicht in Österreich wohnt, hier aber Einnahmen bezieht, gilt als Steuer-Ausländer. Steuer-Ausländer sind beschränkt steuerpflichtig. Bisher kamen die Steuer-Ausländer in den Genuss eines Progressionsvorteils. Dieser Progressionsvorteil entfällt, wenn wenigstens zwei Dienstverhältnisse bestehen oder die Einkünfte des einen Dienstverhältnisses um 730 Euro höher liegen als bei dem anderen.
Vertretungsärzte werden Selbständigen gleichgestellt
Beschäftigt ein niedergelassener Arzt in seiner Praxis einen Berufskollegen, kann er diesen als Dienstnehmer oder als selbständigen Arzt in seiner Praxis aufnehmen. So sieht es das Allgemeine Sozialversichrungsgesetz (AVSG) vor. Mit dem Steuerreformgesetz 2020 wurde diese Regelung in das Einkommensteuergesetz übernommen. Für den Praxisinhaber bedeutet dies, dass bei der selbständigen Tätigkeit des aufgenommenen Berufskollegen keine Lohnnebenkosten anfallen.
4. Änderungen, die alle Steuerzahler betreffen
Außer den Bestimmungen für Dienstnehmer, Pensionisten und Unternehmen enthalten die Bestimmungen auch Änderungen, die sich auf alle Steuerzahler in Österreich auswirken.
Neue Regelung zur Normverbrauchsabgabe (NoVA)
Die NoVA wird erhoben, wenn ein Auto oder ein anderes Kraftfahrzeug an einen Endabnehmer geliefert oder durch Import oder Übersiedlung zum ersten Mal im österreichischen Straßenverkehr zugelassen wird. Die Steuer wird auch bei Schenkungen und Erbschaften fällig. Neben Personenkraftwagen sind auch Motorräder Steuergegenstand. Lastkraftwagen und Oldtimer sind in Österreich nicht steuerbar. Daher sind die Vorschriften zum NoVAG für diese Fahrzeuge nicht relevant.
Mit der Steuerreform 2020 können die Eigentümer von emissionsarmen Kraftfahrzeugen mit einer Begünstigung bei der Normverbrauchsabgabe rechnen. Geht von dem Fahrzeug eine hohe CO2-Emission aus, werden die Eigentümer mit der Einführung eines Malusbetrages schlechter gestellt.
Von den neuen Regelungen ist auch die motorbezogene Versicherungssteuer (KFZ-Steuer) betroffen. Die Steuer wird künftig nach dem CO2-Wert bemessen, der von dem Fahrzeug ausgeht. Geht von den Kraftfahrzeugen und Motorrädern eine geringe Belastung aus, sollen diese steuerlich begünstigt werden.
Umsatzsteuersenkung auf elektronische Medien
Auf gedruckten Büchern und Zeitungen wird schon seit längerer Zeit der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 10% erhoben. Im Zuge der Gleichbehandlung soll diese Regelung auch künftig auf alle elektronischen Zeitungen und Bücher (E-Books) angewandt werden.
Umsatzsteuererhöhung beim Online-Einkauf
Bis Ende 2019 können Konsumenten im Internet noch davon profitieren, dass Umsätze unter 22 Euro von der Umsatzsteuer befreit sind. Mit der Umsetzung des Steuerreformgesetzes wird diese Regelung ab dem 01. Januar 2020 aufgehoben.
Steuer auf erneuerbare Energien
Profiteure der Steuerreform 2020 sind Eigentümer von Anlagen, die umweltfreundlichen Ökostrom erzeugen. Betreibt ein privater Haushalt eine Photovoltaikanlage, wird er steuerlich günstiger gestellt.
Tabaksteuererhöhung
Zum 01. Januar 2020 wird die Tabaksteuer erhöht.
Familienbonus wird rückwirkend ausbezahlt
Arbeitnehmer, die im Jahr 2020 Familienbeihilfe beziehen, können sich den Bonus erstmals rückwirkend auszahlen lassen. Von den Regelungen des Steuerreformgesetzes ist auch betroffen, wer die Familienbeihilfe im Jahr 2019 bezogen hat. Wurde die Beihilfe länger als sechs Monate bezogen, ist eine Steuerentlastung von 1.500 Euro möglich.
5. Wie soll die Steuerreform 2020 finanziert werden?
Die Steuerentlastungen, die auf dem Steuerreformgesetz 2020 beruhen, sollen den österreichischen Staat insgesamt über 400 Millionen Euro kosten.
Zur Finanzierung dient zum einen die Erhöhung der Umsatzsteuer auf die Einkäufe, die im Internet getätigt werden. Die österreichische Regierung rechnet mit einer Refinanzierung von 150 Millionen Euro.
- Die Erhöhung der Tabaksteuer ab dem 01. Januar 2020 wird mit einem Betrag von 26 Millionen Euro veranschlagt.
Die für große Unternehmen ab dem 01. Januar 2020 eingeführte Digitalsteuer trägt mit einem Anteil von 30 Millionen Euro zur Finanzierung der Steuerentlastungen bei.
Weitere Einsparungen erhofft sich die Regierung durch eine Umstrukturierung der österreichischen Finanzverwaltung. Die Aufgaben der Finanzverwaltung werden ab dem 01. Juli des kommenden Jahres konsolidiert. An die Stelle der derzeit vierzig bestehenden Finanzämter treten zwei Behörden, deren Zuständigkeit auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt wird.
Auch die neun Zollämter werden zu einem »Zollamt Österreich« zusammengefasst. Ein weiterer Zusammenschluss betrifft die Steuerfahndung, die mit der Finanzpolizei und der Finanzstrafbehörde zu einem »Amt für Betrugsbekämpfung« zusammengelegt wird.